St. Arnual: Nicht mehr die Jüngste aber topfit.

Das frühe St. Arnual

Einst war hier Siedlungsgebiet der Mediomatriker. In römischer Zeit bestand am gegenüberliegenden Saarufer (am Fuße des Halbergs) eine römische Garnison und an der Stelle des heutigen St. Arnualer Marktes eine gallo-römische Siedlung. Auf den Ruinen dieser Siedlung entstand das Dorf Merkingen, das angeblich der Merowingerkönig Theudebert II. um 600 dem Metzer Bischof Arnual (auch Arnoald) schenkte. Die Urkunde des Metzer Bischofs Adventius darüber aus dem Jahr 857 (der Beginn seines Episkopats wird in das Jahr 858 datiert) ist nicht im Original erhalten, sondern nur in französischsprachigen Zusammenfassungen des 18. Jahrhunderts. Bischof Arnual gründete um 600 ein erfolgreiches Missionszentrum und ist wahrscheinlich auch hier bestattet. Fünf verschiedene Kirchen waren im Mittelalter Vorläufer der heutigen Stiftskirche. Archäologische Grabungen in den 1990er Jahren haben eine bedeutende merowingische Grabstätte in der Vierung der Stiftskirche bestätigt. Bald wurde Arnual als Heiliger verehrt, und Merkingen wurde in Sankt Arnual umbenannt.
An der Grablege entstand durch Schenkungen im Laufe des Mittelalters ein Augustiner-Chorherren-Stift, das Stift St. Arnual, das in der Reformationszeit in ein evangelisches Stift umgewandelt wurde. Zum Besitz des Stiftes gehören bis heute die Stiftskirche in St. Arnual, die seit 1575 der evangelischen Kirchengemeinde St. Arnual als Gottesdienststätte zur Verfügung steht, und ausgedehnte Wäldereien südlich von Saarbrücken, der sog. Stiftswald. Das Stift ist rechtlich eine selbständige Körperschaft kirchlichen Rechts, Vorsitzender des Verwaltungsrates des Stiftes ist heute der jeweils amtierende Superintendent des Kirchenkreises Saarbrücken.


Daarle im Mittelalter

Das Stift St. Arnual wird im Jahre 1135 zum ersten Mal urkundlich erwähnt (eine Schenkungsurkunde Kaiser Heinrichs III. von 1046 ist wahrscheinlich eine Fälschung). Allerdings existiert ein mittelalterliches Siegel des Stiftes, das auf einen Gründer namens Odoaker hinweist. Dies war im Frühmittelalter zwar ein weit verbreiteter Name, es gibt jedoch aus dem 10. Jahrhundert aus der näheren Umgebung mehrere Grafen dieses Namens, die somit als Stifter in Frage kommen. Es ist deswegen nicht ausgeschlossen, dass schon unter Arnual eine Gemeinschaft von Klerikern hier gelebt hatte (was durch die o.g. archäologischen Funde gestützt wird), so dass es sich bei den Gründungen des 10. und des 12. Jahrhunderts um Wiedergründungen oder Erweiterungen handeln könnte. Ob es sich ursprünglich um ein Kollegiatstift von Regular- oder (unregulierten) Säkularkanonikern handelte, ist unbekannt. Wann die Stiftsherren die Regel der Augustiner-Chorherren annahmen, ist nicht nachweisbar, im späten Mittelalter lebten sie jedenfalls schon nach dieser Ordensregel.
Entsprechend der alten Beziehung des Dorfes Merkingen unterstand das Stift dem Bistum Metz und war der Sitz eines Archipresbyterats, das etwa 40 Pfarreien umfasste. Dem Stift stand damit die Dienstaufsicht über eine ganze Reihe selbstständiger Pfarreien zu (z. B. St. Ingbert und Dudweiler), außerdem gehörten zum Stift unmittelbar die sieben Stiftspfarreien Gersweiler, Sulzbach, Fechingen, Güdingen, Bübingen, Hesslingen und Thedingen.
Man schätzt, dass nie mehr als fünf bis sieben Stiftsherren in St. Arnual residierten. Diese wohnten, da sie keine Mönche waren, nicht in einem gemeinsamen Klostergebäude (Konvent), sondern in einzelnen Herrenhäusern in der Nähe der Stiftskirche. Der Vorsteher des Stiftes war kein Abt, sondern trug den Titel Dekan.
Das Stift unterhielt auch eine kleine Lateinschule, die 1223 erstmals erwähnt wurde und aus der später das Saarbrücker Ludwigsgymnasium hervorging.
Ein Höhepunkt in der Geschichte des Stiftes war 1147 der Besuch König Ludwigs VII. von Frankreich, der mit seinen Kreuzrittern hier Station machte.


Reformationszeit in Daarle

Seit den 1550er Jahren zeigten sich die Chorherren des Stiftes der evangelischen Lehre Martin Luthers gegenüber aufgeschlossen. Dekan Nikolaus Beuck, seit 1551 Stiftsherr in St. Arnual, legte allerdings schon 1554 sein Amt nieder, weil ihm der Kurs des katholischen Grafen Philipp II. zu wenig entschieden war.
1561 wurde der Kirchenschatz des Stiftes geplündert, Teile der Beute wurden später in der Saar wiedergefunden.
Beucks Nachfolger als Dekan, Jodocus Bruer, versuchte ein letztes Mal eine Reform des Stiftes. Er forderte vom Schutzherren des Stiftes, dem Saarbrücker Grafen Johann IV. die Zulassung der Priesterehe und die Austeilung des Abendmahls unter beiderlei Gestalt (d. h. Brot und Wein) – beides wäre nach den Bestimmungen des Augsburger Interims von 1548 zulässig gewesen. Johann verbot das, worauf die Chorherren gegen ihn einen Prozess vor dem Reichskammergericht anstrengten und anführten, sie seien immer schon ein reichsunmittelbares Stift gewesen und könnten deshalb nach den Bestimmungen des Augsburger Religionsfriedens (von 1555) selbst über ihre Konfession bestimmen. Das konnte der Graf nicht zulassen, denn im Falle eines Sieges des Stiftes hätte er als Vogt die Kontrolle über den ausgedehnten Landbesitz des Stiftes verloren, der einen beträchtlichen Anteil an der Grafschaft ausmachte. Also ließ er kurzerhand den Dekan ins Gefängnis werfen, bis er die Klage zurückzog und sein Amt niederlegte. Johann verhinderte daraufhin die Wahl eines Nachfolgers und überführte 1569 das Vermögen (die Kirche und den Land- und Waldbesitz) in eine gesonderte Stiftung. Ironie der Geschichte: Johann, der letzte katholische Graf von Saarbrücken, löste das Kloster auf! Da er aber 1574 ohne (rechtmäßigen) Sohn starb, fiel die Grafschaft Saarbrücken an die evangelischen Vettern des Grafen aus der Linie Nassau-Weilburg, die 1575 die Reformation einführten. So besteht bis heute das Evgl. Stift St. Arnual als eigenständige Körperschaft kirchlichen Rechts.
Das Vermögen des Stiftes diente vor und nach der Reformation im Wesentlichen schulischen und kirchlich-sozialen Zwecken. So nutzten die Grafen das Vermögen, um die schon im späten Mittelalter belegte Lateinschule auszubauen und schließlich 1604 in das Ludwigsgymnasium Saarbrücken zu überführen, das älteste Gymnasium des Saarlandes. Bis heute ist der Vorstand des Stiftes bei den Entscheidungen des Ludwigsgymnasiums stimmberechtigt.


Die Gemeinden Malstatt und Burbach vereinigten sich im Jahr 1875 und wurden zur Stadt erhoben. In der von Industrieunternehmen geprägten Stadt begann ein stürmisches Bevölkerungswachstum. Im Jahr 1897 wurde St. Arnual nach Saarbrücken eingemeindet.Durch Vertrag vom 5. Dezember 1908 wurden die selbstständigen Städte Alt-Saarbrücken, St. Johann und Malstatt-Burbach mit Wirkung vom 1. April 1909 zu einer Stadt mit dem Namen Saarbrücken vereinigt. Die bisherige Stadt Saarbrücken wird seitdem mit der Bezeichnung Alt-Saarbrücken geführt. Die neue Stadt Saarbrücken hatte bei ihrer Gründung etwa 105.000 Einwohner und war damit die fünftgrößte linksrheinische deutsche Großstadt. Gleichzeitig schied die Stadt Saarbrücken aus dem Landkreis Saarbrücken aus und wurde eine kreisfreie Stadt. Dass der Streit über den zu wählenden Stadtnamen, Saarbrücken oder St. Johann, zu einem Pistolenduell der Bürgermeister geführt haben soll, ist nach Erkenntnissen des Stadtarchivs ein Gerücht. Es gab zwar ein solches Duell, allerdings schon im Jahr 1894 und es ging damals nicht um den Namen der neuen Stadt, sondern um den Standort des Bezirkskommandos, also einer Militärbehörde. Wie es ausging, ist nicht klar. Fakt ist: das Bezirkskommando war in St. Johann am Landwehrplatz und die Bürgermeister wurden wegen des Duells mit rechtlichen Konsequenzen konfrontiert. Im Ersten Weltkrieg hatte Saarbrücken eine wichtige strategische Funktion bei der Versorgung der Frontarmeen. Die Zivilbevölkerung blieb mit Ausnahme einiger Luftangriffe von den Kampfhandlungen verschont. Dennoch war das Leben der Menschen von Leid und Entbehrungen geprägt. Im November 1918 kam es zum Einmarsch der siegreichen französischen Truppen.
1914 ließ die Stadt Saarbrücken mit Unterstützung des Militärs auf den Saarwiesen zwischen der Ortslage von St. Arnual und der Saar, die damals noch weit nach Osten ausbog, einen Flughafen anlegen. Er diente während des Ersten Weltkriegs als Militärflugplatz und wurde 1924–1928 zum Verkehrsflugplatz ausgebaut. Ab 17. September 1928 wurde zeitweise ein Probeluftverkehr auf der Strecke Paris - Saarbrücken - Frankfurt betrieben. Offizielle Eröffnung des Flughafens und Aufnahme des regulären Flugverkehrs erfolgten erst 1929. Bis 1934 betrieben Luft Hansa und SGTA (Lignes Farman) bzw. Air France während des Sommerhalbjahrs im Poolsystem eine Linie Paris - Saarbrücken - Frankfurt - Berlin. Noch 1929 kam eine von der Luft Hansa allein betriebene Verbindung Saarbrücken - Karlsruhe (später Mannheim) - Stuttgart - München, 1930 eine nach Köln hinzu, die dann aber 1932 mangels ausreichender Subventionen vorübergehend entfiel. Ab 1933 flog die Luft Hansa Saarbrücken auch im Winter an. Das Verkehrsaufkommen war dürftig; es ist offensichtlich, dass Saarbrücken nur aus politischen Gründen in das Linienflugnetz einbezogen wurde.
Mit der Rückgliederung des Saargebiets 1935 entfielen die Verbindung mit Paris und die französische Beteiligung am Linienverkehr mit Saarbrücken. Die Lufthansa unterhielt in der Folge auf wechselnden Strecken Fluglinien ins Innere Deutschlands, ohne dass sich ein befriedigendes Verkehrsaufkommen eingestellt hätte. 1938/39 entfiel der Winterverkehr. Das Standardflugzeug der Lufthansa, die Ju 52, war für das geringe Verkehrsaufkommen überdimensioniert, so dass Saarbrücken überwiegend mit kleinen - und damit ab 1934 häufig moderneren - Flugzeugen angeflogen wurde.
Der Flughafen war von vornherein als Provisorium gedacht, da die Saarwiesen der Trinkwassergewinnung dienten, zu wenig Platz boten, stark überschwemmungsgefährdet und schlecht anzufliegen waren. Erst 1936 begann der Bau eines neuen Verkehrsflughafens in Ensheim, der bei Kriegsausbruch fast fertiggestellt war. Auf dem alten Flughafen absolvierte die Luft Hansa am 25. August 1939 den letzten Linienflug. In der Folge nutzte ihn wieder das Militär, nach Kriegsende diente er vor allem der Sportfliegerei und dem Bedarfsluftverkehr, vorübergehend auch dem Linienverkehr. Der neue Flughafen im Stadtteil Ensheim wurde erst 1955 in Betrieb genommen, womit der alte überflüssig war.
Von den alten Flughafenanlagen ist heute - außer der als Parkplatz genutzten damaligen Zufahrtsstraße mit einer verbliebenen Reihe der sie säumenden Platanenallee, die zum damaligen Empfangsgebäude führte - nichts mehr zu sehen. Über das ehemalige eigentliche Flughafengelände verlaufen die Autobahn und das 1959 neu verlegte Saarbett, der Rest der St. Arnualer Wiesen oder Daarler Wiesen ist ein Naturschutzgebiet.